Maximaler Kolbendurchmesser beim Hochleistungszweitakter

  • Zitat

    Original von fischergeiz
    Dieser Wert angebliche "Maximalwert" lässt sich relativ einfach erklären. Ich schildere es mal ganz simpel:
    Um einen 500cc Zweizylinder zu bauen braucht man Zylinder mit jeweils 250cc.
    Um eine gewisse Leistungsfähigkeit zu besitzen, muss man bei so viel Hubraum pro Zylinder weg vom Quadrathuber (der bekanntlich definitive Drehmomentvorteile hat) und hin zum Kurzhuber. Heißt im Fall von Aprilia RSW 500 -> 73mm Bohrung, 60mm Hub (um die Kolbengeschwindigkeit noch einigermaßen im Zaum halten zu können). Möchte man nun noch mehr Hubraum pro Zylinder, MUSS man zwangsläufig in erster Linie den Hub erhöhen, weil es irgendwann schlicht und einfach keinen Sinn mehr macht den Motor im Sinne des Bohrung/Hub-Verhältnisses zu verschlechtern. Beim Quadrathuber mit 73mm/73mm liegen wir bei knapp 305cc pro Zylinder. Möchte man noch mehr, bleibt man beim Quadrathuber und stockt entsprechend auf , muss dann aber mit der Drehzahl aufpassen. Dass es trotzdem funktionieren kann, sieht man an der KX 500. Von überproportionalem Verschleiß oder Selbstzerstörung ist auch bei diesem Wettkampfgerät nicht zu reden


    Diese Zusammenhänge sind völlig klar.


    Aber was mich brennend interessiert, bis zu welcher Bohrung ein 2-T-Motor, der max. 20 m / sec. Kolbengeschwindigkeit entwickelt, thermisch stabil zu bekommen ist.


    Da soll es Grenzen geben, die sich in der Praxiserfahrung ergeben haben.


    Könnte ich etwas dazu erfahren?

  • Hi!


    Zum Thema von Fischergeiz: Ich bin mir nicht sicher ob die RSW500 die angegebenen Maße nicht nur deshalb erhalten hat da das vorhandene Kurbelgehäuse der 250-er mit 54mm Hub nicht mehr hergegeben hat ohne es komplett neu zu designen :nixweiss:


    Zum Thema: Ich vermute dass grössere Bohrungen zunehmend zu wenig spezifische Schlitzfläche haben um die Möglichkeit des Kurzhubes zu nutzen und deshalb 250ccm idR quadratisch aufgebaut sind und bei Hubraumsteigerungen zu 380/500ccm eher in Richtung mehr Hub gegangen wurde. Was nutzen einem 500ccm beim 1-Zylinder wenn man für Topleistung 220° Auslasssteuerzeit brauchen würde...


    Also mal umgekehrt, wozu wären 100mm gut? Bei einem Hub von 64mm wären das 500ccm. Die theoretische Maximaldrehzahl von 9400 ist Makulatur da die Schlitzfläche zu klein ist, bzw elendige Steuerzeiten notwendig wären. Ausserdem wären das korrigiert (um den Wurzelwert des s/D Verhältnisses wegen schwerem Kolben bei Kurzhub) nur noch rund 7500rpm bei 20m/s. Dann lieber (extremes Bsp) die 500ccm aus 80*100 holen, nur 6000prm (korrigiert aber 6700) bei 20m/s aber anständige Füllung/Drehmoment. 500ccm pro Zylinder Rennmotoren welche den Kurzhub nutzen könnten gabs ja nie :nixweiss: Und die (korrigierte) Drehzahlsteigerung von 6700 auf 7500 gleich wohl kaum die Füllungsnachteile aus.


    DAHER (Hubverhältnis und praktikable Einzelhubräume) vermute ich eine sinnvolle Grenze der Bohrung, nicht im Zahlenwert selbst. Ein Motor mit 100*100mm und 780ccm wird vermutlich auch zum laufen zu bringen sein.


    Falls ich mich irgendwo verrechnet haben sollte bitte ich um Entschuldigung :winking_face:


    Gruß, J-C

    Schieber- , Getriebe- , Motorgehäuse- und Kurbelwellenkiller

  • Hallo Jorkifumi,


    einen paralleltwin mit 100 PS kannst du doch kaufen, dem reicht allerdings eine 68er Bohrung.


    Gruß Stulle

  • Man liest auch immer wieder, dass bei größeren Kolbenoberflächen die Effizienz der Spülung stark nachläßt.


    Der Zweitaktmotor ca. 60 % seiner überschüssigen Wärme über die Zylinderwände abgibt, steigt vermutlich die thermische Belastung mit zunehmendere Bohrung bzw. relativ dazu unterproportional ansteigenden Flächen der Zylinderwände.


    Ich gehe sogar davon aus, daß dieser Negativeffekt bei direkteinspritzenden Zweitaktmotoren aufgrund der fehlenden Effekte der Innenkühlung durch das Gemisch tendenziell verstärkt wird. Die thermische Belastung bedingt, dann noch kleinere Kolbenoberflächen (bzw. Bohrung) zu nehmen.


    Weiß Jemand dazu noch ein wenig mehr?

  • Also:


    125ccm (mit Tendenz bis zu 150ccm) haben sich bei 2T Hochleistungsmotoren als relativ optimal für die Leistungsausbeute gezeigt, genauso wie Kolbengeschwindigkeiten knapp über 24m/s (Quadrathub bei 13500). Wenn Du höhere Drehzahlen fahren willst aus Leistungsgründen, muß man dementsprechend den Hub verkürzen, um die Kolbengeschwindigkeiten in den Griff zu bekommmen.
    Formel 1 fährt mit 25m/s Kolbengeschwindigkeit knapp 100mm Bohrung und ca. 50mm Hub bei 19000 min-1...


    Folgendes noch als Denkanstoß:


    Langhub = gut für die Gemischaufbereitung bis mittleren Drehzahlbereich -> guter Verbrauch + Drehmoment bis mittlere Drehzahlen; thermisch -> lange Wege an der Zylinderwand und damit gute Wärmeabfuhr aus der Verbrennung, Nachteil hohe Drehzahlen durch die Zunahme des Wärmeeintrags aus der Reibungsenergie, geringere oszilierende Massen (Kolbendurchmesser).


    Kurzhub = Hohe Drehzahlen durch kürzere Wege der Flammfront und geringere rotierende Massen, geringerer Wärmeeintrag durch Reibung -> Leistung!


    Direkteinspritzer = gerade er hat eine hohe Verdampfungsenthalpie im Brennraum und damit Innenkühlung, jedoch mit dem Nachteil der schlechteren Gemischaufbereitung als ein Saugrohreinspritzer. Vorteil auch, dass der Motor das ganze Hubvolumen Luft ansaugt und kein Luft-Kraftstoff Gemisch (=ca. 1/14tel mehr...)! Nachteil ist der hohe Energieaufwand für die Hochdruckpumpe der Direkteinspritzung.


    So nun zu Deiner Frage: 125 ccm Einzelhubraum ->ca. 54mm, 150 ccm Einzelhubraum ca.58mm, 250 ccm Einzelhubraum ca. 68mm

  • Hallo,


    Zitat

    125ccm (mit Tendenz bis zu 150ccm) haben sich bei 2T Hochleistungsmotoren als relativ optimal für die Leistungsausbeute gezeigt, genauso wie Kolbengeschwindigkeiten knapp über 24m/s (Quadrathub bei 13500). Wenn Du höhere Drehzahlen fahren willst aus Leistungsgründen, muß man dementsprechend den Hub verkürzen, um die Kolbengeschwindigkeiten in den Griff zu bekommmen.


    Das ist leider mehr oder weniger verkehrt:
    - 24m/s mögen für Rennmotoren gelten welche 2000km Kurbelwellenlebensdauer haben. Alltagsmotoren (um die es hier geht) solltens bei 20m/s gut sein lassen, besser noch weniger.
    - Höhere Drehzahlen aus Leistungsgründen auf Kurzhub umstellen geht schief: Die Steuerfläche am Zylinder sinkt, die höhere Leistung kann nicht herausgeholt werden. Siehe GP: Yamaha hats lange mit 56*50 versucht, aber gegen die 54*54 Motoren keine Chance gehabt. Erst nach Umstellung auf 54*54 ging was.
    - F1 ist ein schlechtes Bsp wie alle 4-Takter: Die gewinnen die Gaswechselfläche über der Bohrung im Kopf -> Kurzhub=Mehr Fläche=mehr Leistung. Beim 2-Takter sinkt aber die Gaswechselfläche beim Kurzhub!


    Bsp., nur zum verdeutlichen des Tatbestandes: Auslass b=60% von D und h=50% vom Hub:
    56*50 = 33.6mm*25mm = 840mm^2
    54*54=32.4mm*27mm = 875mm^2
    Der "Kurzhubmotor" hat also rund 4% weniger Schlitzfläche, kann aber (bei entsprechend korrigiertem Hubverhältnis) nur rund 2% mehr drehen. Und um das umzusetzen muss aber die Steuerzeit steigen was die Verluste erhöht. Oder umgekehrt kann der Langhuber mit zahmeren Zeiten laufen. In Summe also kein Gewinn für den Kurzhuber... deshalb im GP 54*54.


    Gruß, J-C

    Schieber- , Getriebe- , Motorgehäuse- und Kurbelwellenkiller

  • So wie ich das sehe, liegt das Optimum scheinbar beim quadratischen Hub-Bohrungsverhältnis, wie vielfach ja schon in der Vergangenheit von Ymaha eingesetzt.


    Bei einem Hub von 75 mm habe ich aber schon bei 6.000 U. /min. 20 m/sec. mittlere Kolbengeschwindigkeit - ist vermutlich schon das limit der Belastbarkeit.


    Suche ich nach dem maximalen Kolbendurchmesser (Bohrung), finde ich Ansätze zu einem Grenzwert von maximal 70-75 mm, vermutlich wegen Spülung und Wäremableitung, alleredings nur bei Mehrzylindermotoren.


    Damit stellt sich bei Mehrzylindermotoren nur ein maximaler Hubraum von 331 ccm für den Einzelzylinder.


    Ist es denkbar, dass es Wege gibt, die Bohrung auf Werte über 75 mm zu erhöhen und trotzdem noch einigermaßen Thermisch gesunde Motoren zu bekommen, oder habe ich das Problem mit der Spülung?

  • 75mm machen erst bei bei 8000rpm 20m/s.
    Davon abgesehen habe ich das Gefühl die Diskussion dreht sich so langsam im Kreis...


    Anderer Ansatz: Grosse Zweitakter (keine Schiffsdiesel etc) gabs in grossen Stückzahlen nur bis ~250/Zylinder, darüber eher "Einzelstücke" die oft nur durch mehr Hub oder Bohrung aus kleineren Motoren entanden sind, aber nicht auf den Hubraum konsequent entwickelt. Worauf also die schlechten Erfahrungen mmit dicken Kolben zurückzuführen sind wird schlecht 100%-ig rauszubekommen sein :nixweiss:


    Aber wieso soll die Spülung mit 70mm gehen, aber mit 80 nicht mehr :nixweiss:


    Würde mal sagen: Versuch macht kluch :teacher:


    Es gab doch für Motocross-Gespanne 680-er Motoren, wie liefen denn die? Und mit welchen Daten?


    Gruß, J-C

    Schieber- , Getriebe- , Motorgehäuse- und Kurbelwellenkiller

  • Ja, war ein Tippfehler! Ich bin ohnhin (wegen DFI) auf eine Nenndrehzahl von 8.000 U./min. fixiert.


    Ich habe nicht gesagt, daß die Spülung bei großen Kolbendurchmessern nicht geht, sondern jenseits dieses Bereiches zu rapide schlechteren Spülergebnissenn führt und die Literleistung zusehends abnimmt.


    Das wird auch dadurch erhärtet, daß in der Vergangenheit 500-er Zweitaktcrosser bei einer Literleistung von ca. 150 PS waren, während die Einzylinderzweitakter mit 250 ccm im Crossbereich bereits rd. 250 PS Literleistung entwickelten.


    Im Moment sehe ich auch keine neuen Technologie, die diese Leistungsdegression bei größeren Einzelhubräumen vermeiden könnte.


    Außerdem vermute ich, daß bei Einzelhubräumen jenseits der 250 ccm auch beim Einzylinderzweitaktmotor aus thermischen Gründen ein geringerer Tuninggrad gewählt werden muß.


    Oder kennt Jemand einen Mehrzylinderzweitaktmotorradmotor mit einem Einzelhubraum von über 250 ccm?

  • Das Problem ist und bleibt das Stichwort "Hochleistung..." Lösen wir uns mal von diesen Stammtischparolen, wird ganz schnell klar das es keinen wirklichen Vorteil von 2T gegenüber 4T gibt, solange man meint man müsse Resoäpfel mit sich umherschleppen.


    Wozu unbedingt 8000rpm? 7000 tuns doch genauso, wenn dafür das Drehmoment 1000rpm früher einsetzt wäre es eh besser.


    Warum sind die ganzen Trecker wohl heute so erfolgreich? Weil Benz schon vor Dekaden den 2L 75PS SDi hatte? :nuts: Nur die Sche++s-Aufladung hats gebracht. Und genauso wirds auch dem 2T ergehen. Entweder die Dinger werden vollgestopft mit Technik die teuer Geld kostet und damit keinen finanziellen Vorteil mehr bietet oder aber der Markt sieht keinen Bedarf für Neuentwicklungen.


    Und sowas kommt von mir, ausgerechnet :shock: :loudly_crying_face: :bash: