• Auf Wunsch nachfolgend in Kurzform die Geschichte, wobei ich mich auf das Buch "Simson und der Motorradrennsport in der DDR" von Peter Lompard beziehe. Ich selbst habe in keinster Weise daran mitgewirkt.


    Da es doch etwas umfangreicher wird werde ich es in mehreren Abschnitte gliedern.


    Vorgeschichte:


    Die Hauptfigur hinter diesen Entwicklungen ist Bernd Göpfert aus Zwickau. Er fuhr Rennen von 1965 bis 1972, dann trat er nach einem schweren Sturz in Schleiz zurück. Er baute erst selbst 4 Rennmaschinen auf Simson- Basis und bekam so Kontakt zum Abteilungsleiter Konstruktion des Werkes Achim Scheibe. Dieser baute im Rahmen einer Clubaktivität ebenfalls an einem 50er Renner und man tauschte sich aus. Göpfert durfte 71- 72 die Maschine mehrmals fahren, doch sie hatte technische Mängel, die zu obigem Sturz führten.


    Göpfert führte den Betrieb seiner Eltern, die Fa. Löscher, u.a. Vertragspartner für Reparaturen an Simson- Kleinkrafträdern. Nebeher baute er nach seinem Rücktritt weiter Motoren für Sportler des MC Zwickau und betreute diese. So traf er A. Scheibe wieder, der ihm 1978 sagte, das das Werk seine Rennsportaktivitäten wieder verstärken wolle, was Göpfert erst nicht glauben wollte. Auch eine 2. "Clubmaschine" war entstanden, aber mit den Kreidler, die privat organisiert wurden und unter "Eigenbau" liefen, konnte diese nicht mithalten.


    Schließlich fragten Scheibe und der Technische Leiter des IFA- Zweirad- Kombinates Dr. Seifert offiziell an, ob Göpfert bereit wäre, die Entwicklung und den Bau von zwei 50er Rennmaschinen im Rahmen eines 2- jährigen Forschungs- und Entwicklungsvertrages zu übernehmen. Hintergrund: Dieses Kombinat war stückzahlmäßig der größte Zweiradhersteller in Europa und viele Kunden im Ausland verstanden nicht, warum man sich absolut nicht im Rennsport engagierte.


    Göpfert sagte zu und begann 1980 mit der Entwicklung der Maschinen.


    Demnächst weiteres- Gruß Wolf

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  • Ist der evtl mit Sarah Göpfert verwandt? Die war im ADAC Junior Cup unterwegs, die kenn ich noch als sie klein war aus der SimsonGP.


    Gruß

  • Hallo 2Stroka,


    kann ich nicht sagen, könnte die Enkelin sein, seine Tochter ist Anfang der 70er Jahre geboren.


    So, nun weiter mit dem Bau der beiden 50er- Maschinen. Grundlage war der erst kürzlich neu in Serie gegangene Motor M541. Aber sehr viel davon konnte nicht verwendet werden, denn es war kein verkappter Rennmotor, wie der einer Kreidler. Der Motor erhielt ein 6- Gang- Getriebe, einen wassergekühlten Zylinder und Drehschieber- Einlass. Das Werk beschränkte sich in seiner Unterstützung auf die Anlieferung benötigter Serienteile und die Bezahlung der Rechnungen. Göpfert musste bald erleben, das sich viele Abteilungen des Werkes, allen voran die Sportabteilung für den Geländesport, gegen ihn stellten. Neid und Missgunst überwogen. Nur Dr. Seifert und A. Scheibe unterstützten ihn. Das in der Form, das Dr. Seifert eine Zusammenarbeit mit der TU Dresden zur Entwicklung eine elekrtonischen Zündung anschob.


    Ansonsten musste Göpfert alles allein machen, dabei kam ihm sein politisches Engagement sehr entgegen. Er war Mitglied der Ost- CDU, saß im Stadtrat, dem Bezirkstag und im Vorstand der Handwerkskammer. So kannte er alle Leute, die etwas zu sagen hatten. Und weil er seit kurzem in seinem Betrieb auch noch Waschmaschinen instandsetzte, was in der Mangelwirtschaft der DDR von Bedeutung war, konnte ihn keiner so einfach vor die Tür setzen, wenn er was wollte.


    Also organisierte er erst mal einen Kleintransporter, um später die Motorräder zu transportieren. Weiter stellte er Kontakte zu Betrieben her, die er brauchte, allen voran zu den Sachsenring Automobilwerken, wo die meisten mechanischen Arbeiten erledigt wurden. Weiter zu einem Formenbau in Freiberg, welcher die benötigten Gussformen anfertigte. Konstruktionsarbeiten erledigte er selbst an Wochenenden. Die Magnesium Gussrohlinge für die Räder bekam er von einem tschechischen Sportfreund. Über allem schwebte das Prinzip, das nur ja nichts aus dem Westen gegen harte Devisen gekauft werden musste. Bis auf ganz wenige Ausnahmen war das auch der Fall.


    Die Motorräder waren Mitte 81 fertig. Der Motor hatte aber von Anfang an 2 Schwachstellen: Da es im gesamten Ostblock keine Möglichkeit gab, eine Nikasil- Beschichtung herzustellen, besaßen die Zylinder eine Gusslaufbüchse. Und die Zündanlage erwies sich als Totalausfall. Do fielen die beiden Fahrer bei allen 4 gefahrenen Rennen 1981 mit Zündungsschaden aus. Später setzte man Zündungen eines Privatrennfahrers ein, welcher andere Teile dafür erhielt. Und weil im Westen bereits das Ende der 50er Klasse abzusehen war, kam teils hochkarätiges Motormaterial ins Land. Dagegen kämpfte er bis 1983 mit stumpfen Waffen, danach wurden die Arbeiten eingestellt.

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  • Das bisherige Ergebnis war nicht zufriedenstellend, doch musste das Werk eingestehen, das bei besserer Unterstützung mehr herausgekommen wäre. So beauftragte man die Fa. Löscher mit einem neuen Zweijahresvertrag mit dem Bau zunächst einer 80er Rennmaschine als Erprobungsmodell.


    Göpfert musste erst einmal Maschinen anschaffen, um nicht nur auf andere Betriebe angewiesen zu sein. Für eine wurde ein separates Gebäude errichtet. Er konnte einen Ing. einstellen, der für das neue Fahrwerk verantwortlich war. Für die Teilekonstruktion und die nötigen Vorrichtungen und Prüfmittel kamen 2 weitere Dipl. Ing dazu, einer davon war ein Studienkollege von mir.


    Beispiele für deren Tätigkeit: Nadellager für das Pleuel gab es zwar in der benötigten Abmessung, aber für die geplanten 15000 1/min war die Qualität nicht ausreichend. Daher wurden die Käfige selbst aus hochwertigem Werkstoff hergestellt, das einzige was der Lagerhersteller zu tun bereit war, war das Stanzen der Nadeltaschen mit neuen Werkzeugen. Die Firma kümmerte sich dann um das härten der Käfige und das galvanisieren mit einer Silberlegierung selbst. Derweil musste einer der Ing. hunderte Wälzkörper vermessen um die benötigten Toleranzen sicherzustellen.


    Kolbenringe aus Stahl und in der benötigten Größe (max. 1mm breit) waren ebensowenig vorhanden. Ein Hersteller von Kolbenringen überließ der Fa. nur die Technologie, die Herstellung wiederum musste die Fa. Löscher allein übernehmen.


    Anfang 1985 stand ein Motorrad auf den Rädern, welche aber noch aus der 50er stammten. Damit wurden an der TU Dresden Untersuchungen im Windkanal durchgeführt. Die Motoren liefen auf dem Prüfstand, es kamen immer noch die Gusslaufbüchsen zum Einsatz. Die Zündung kam von einem Betrieb für Fahrzeugelektrik in Chemnitz und funktionierte zuverlässig. So konnte man beim Sachsenringrennen in einer Trainingspause erstmals einige Proberunden fahren. Es wurden 3 unterschiedliche Zylinder untersucht: Mit 5, 6 und 8 Überströmern. Als bestes ging dabei der 6- Kanal- Zylinder hervor.


    Die Leistung soll zu der Zeit knapp 25PS bei ca. 14000 1/min betragen haben, die Maschine wog 67kg.


    Ende des Jahres ließ Göpfert noch in einer Gießerei in Dresden 9 Gussrohlinge für die neuen Räder abgießen und auf einer Großdrehmaschine fertig bearbeiten. In der Zeit hatte er Wind davon bekommen, das vor langer Zeit an der TH Chemnitz eine Doktorarbeit geschrieben wurde, welche zum Thema die Herstellung einer Nikasilbeschichtung unter Umgehung der Patente der Fa. Mahle hatte. Da musste er unbedingt ran, was sich als nicht ganz einfach erwies.

  • Sehr schöner Bericht.


    Ich habe noch einmal in meinem Fotoarchiv geschaut und siehe da. Eine RS 80 steht im Fahrzeugmuseum in Suhl.
    Leider konnte ich damals nicht genauer unter die Verkleidung schauen. :bash:

  • ... bei diesem Zuspruch muss ich einfach weitermachen. Die Beispiele mit den Nadellagern und den Kolbenringen sollen ein bißchen den personellen und zeitlichen Aufwand erklären. Unter anderen Bedingungen hätte eine Anfrage bei INA und Goetze gereicht. Und binnen einer Woche hätte man das Zeug gehabt.


    Weiter mit 1986, wo erstmals eine 80er Klasse in der DDR- Meisterschaft ausgetragen wurde. Man startete gemeinsam im Feld mit der 125 Ausweis (B- Lizenz) weil noch wenige Starter über eine 80er verfügten. Mit dabei solche, die auf einen 50er Motor einen MBA Zylinder gebastelt hatten mit 62,5ccm, was nur zum mitschwimmen taugte. Das erste Rennen war auf dem Sachsenring und so eine Pleite wie mit der 50er konnte man sich nicht noch einmal leisten.


    Das Rennen konnte Jürgen Hofmann, der neue Fahrer, gewinnen, wobei nur eine einzige 125er vor ihm war, eine 2- Zylinder mit über 40PS. Der zweite Fahrer Bernd Meier war im Training gestürzt, die Maschine konnte nicht mehr rennfertig gemacht werden. Über diesen Erfolg freuten sich Göpfert und seine Mitarbeiter und die Kritiker, die das 50er Abenteuer mit Hohn und Spott bedacht hatten, wurden nun leiser.


    Der ADMV hatte auch einen Start bei einem internationalen Rennen auf dem Hungaroring freigegeben. Aber wie an die nötigen Devisen kommen fürs Tanken usw.. Das Werk verwies an den Verband, dieser wieder ans Werk. Also musste Göpfert wieder seine politischen Kontakte bemühen und der zuständige Bezirksrat stellte einen Kontakt zu einer ansässigen Güterspedition her. Dort gab es einen Abteilungsleiter, welcher die Transporte ins Ausland samt der nötigen Finanzmittel organisierte. Dieser deklarierte die Fahrt als "Internationaler Gütertransport", Göpfert erhielt alle Papiere für den Zoll und das Geld in entsprechender Währung. Die Zöllner am Grenzübergang schauten schön blöd, als ein Barkas- Kleintransporter samt Wohnwagen auf der LKW- Spur anrückte. Der Aufwand hatte sich gelohnt, Hofmann wurde auf der Maschine, die nun RS 81 hieß, Zweiter. Der erste Vergleich auf Internationaler Ebene hatte Erfolg.


    Nochmals Zweiter wurde Hofmann in Frohburg, nur 1/2 sec. Hinter dem Tschechen Samek, der eine Maschine aus dem Westen fuhr.


    Zwischenzeitlich hatte Göpfert von dem Mann aus dem Metallgußwerk Leipzig, welcher seit Jahren die Kolben lieferte, eine Mappe mit technischen Unterlagen bekommen: Die o.g. Doktorarbeit und einen Bericht zu einschlägigen Versuchen in seinem Betrieb. Der Zwickauer fiel aus allen Wolken, aber der Leipziger sagte er habe die Unterlagen bis jetzt geheim halten müssen. Die Mitarbeiterin bekam damals ein Kind, die Arbeiten wurden eingestellt. Die einzige, mir einleuchtende Erklärung ist, das man sich nicht sicher war, ob es doch noch Patentstreitigkeiten mit Mahle gegeben hätte.


    Sofort nahm Göpfert, Verbindung mit der IH Zwickau auf, ein Student absolvierte sein Praktikum bei Fa. Löscher in neu hergerichteten Räumen und schrieb anschließend seine Diplomarbeit zum Thema. Danach war man in der Lage, selbst eine Nikasilbeschichtung herzustellen, nachdem ein hochrangiger Mitarbeiter des Kombinates für DM 2kg Siliziumpulver besorgt hatte.


    Nebenbei wurde Ende 86 noch eine Kleinserie von 6 Motoren auf dem Stand Mitte 86 an den MC Schleizer Dreieck ausgeliefert.